1979 - Es herrschen katastrophale Hygiene-Zustände


In dem Behandlungszentrum für krebskranke Kinder in der Düsseldorfer Universitäts-Kinderklinik herrschen katastrophale Hygiene-Zustände. Die kleinen Patienten geraten während der sehr aggressiven Krebstherapie wegen ihrer geschwächten Abwehrkräfte bei der geringsten Infektion in Gefahr. Eine Elterninitiative Kinderkrebsklinik drängt jetzt auf sofortige Änderung der Verhältnisse in der Abteilung, die in einem Altbau aus der Jahrhundertwende untergebracht ist. Der Abteilungschef Prof. U. Göbel betont, dass bauliche Verbesserungen und eine Verstärkung des Pflegepersonals dringend geboten seien. Bei manchen Krebsarten liegen die Heilungschancen weit über 5O Prozent. Die Abteilung gehört zu jenen alten Baulichkeiten der Medizinischen Fakultät Düsseldorf, deren schlechter Zustand in jüngster Zeit mehrfach Politiker zu geharnischten Stellungnahmen veranlasst hat. Nach der Bauplanung des Landes soll die Kinderklinik etwa um l995 mit einem neuen Haus rechnen können.

„Es ist unmöglich, so lange zu warten”, betont Göbel. Mehrfache Vorstöße und Beschwerden der Elterninitiative bei der Klinikleitung blieben erfolglos. Nach einer Begehung wurde festgestellt: Es ist kein Geld da. Etwa 200 Kinder aus dem ganzen nordrheinischen Bereich werden in der Abteilung ambulant und stationär behandelt. Die Betreuung durch Ärzte und Schwestern gilt als hervorragend, es stehen die neuesten Therapieverfahren zu Gebote. ”Wir stehen in engem Kontakt mit den amerikanischen Forschungszentren,” erklärt Göbel. Aber die räumliche Enge erschwert die Arbeit ungemein, klagen Ärzte und Schwestern mit dem Hinweis auf Hamburg, wo ein modernes Zentrum ist. Der Mängelkatalog reicht völlig aus, die Aufsichtsbehörden zu einer eingehenden Inspektion zu veranlassen. Die krebskranken Kinder der Düsseldorfer Ambulanz müssen im Flur auf den Aufruf warten. Die Infektionsgefahr ist hier, so betont Göbel, besonders groß. Für heutige Hygiene-Anforderungen unzumutbar ist, dass die Kinder und die Besucher der Abteilung dieselbe Toilette benutzen müssen; für die Kinder fehlt ein separates WC. In der Toilette ist kein Waschbecken.

”Wir bemühen uns, so viele Kinder wie möglich ambulant zu behandeln”, erklärt Göbel, ”doch es gibt keinen eigenen Untersuchungsraum für die Ambulanz.” Allein vom Standpunkt der Krankenhaushygiene ist dies ein völlig unhaltbarer Zustand. Die Unterbringungsmöglichkeiten für die Eltern, die wenigstens einen Teil der oft monatelangen Behandlungen zusammen mit ihrem Kind in der Klinik verbringen möchten, sind äußerst beengt. Die Initiative und die Ärzte fordern daher die Einrichtung einer Kinderkrebsklinik, die mindestens etwa 20 Betten für die stationäre und zehn weitere Betten für die ambulante Behandlung, sowie ausreichend Nebenräume aufweisen sollte. Die in den letzten Jahren gewachsene Zahl der krebskranken Kinder, die überwiegend an Leukämie (Blutkrebs), bösartigen Erkrankungen des Lymphsystems oder Weichteilkrebs leiden, kann nach Göbel in modernen Zentren mit größeren Aussichten auf Heilung betreut werden. Für jedes Bett müsste eine Pflegekraft vorhanden sein; derzeit gibt es in Düsseldorf für 15 Betten der Abteilung acht Schwesternstellen. Nur zwei Ärzte sind ständig dort tätig, zwei Assistentenstellen dienen der ”rotierenden” Ausbildung.

Als Notbehelf werden Schwesternschülerinnen oder gar Studenten (Nachtwache) beschäftigt. Auf dem Wunschkatalog der Elterninitiative stehen unter anderem einige Einzelzimmer für das ”Rooming-in” – Unterbringung von Kind und Eltern – Zimmer für besonders gefährdete Kinder, ein Spielzimmer, Krankengymnastik und bessere sanitäre Einrichtungen. ”Wir sind über den geringsten Fortschritt froh”, sagt die Sprecherin Ursula Zappey.
(Quelle: Rheinische Post, 1979)








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